Drei Jahre lang war der Berliner Oranienplatz von Geflüchteten und ihren Unterstützer*innen besetzt. Im April 2014 wurde der Platz geräumt und damit auch der Protest gegen die Residenzpflicht und Abschiebepraxis mit Polizeigewalt beendet. Das Schwabinggrad Ballett und die aus der Refugee-Gruppe «Lampedusa in Hamburg» hervorgegangenen Arrivati haben Besetzer*innen interviewt und die Konflikte in die «Chöre der Angekommenen» aufgearbeitet. Indem sie Performance, episches Theater, Musik, Tanz-Einlagen und Aktivismus verbinden und als deklamierender Chor, der ständig in andere Rollen schlüpft, auftreten, versuchten die Performer*innen den Blick auch auf die Widersprüche, die Absurditäten und das vorläufige Scheitern der Kämpfe zu lenken. Da die Behörden die «indirekte Platzbefragung» auf dem Oranienplatz nicht bewilligen wollten, machten das Schwabinggrad Ballett und Arrivati aus der Not eine Tugend: Mit Megaphonen gingen sie auf die Strasse und konfrontierten die Passant*innen mit dem bis dahin grössten selbstorganisierten Protest von Geflüchteten in Deutschland. Sie taten dies in Form eines Lehrstücks darüber, was in politischen Bewegungen passieren kann, wenn sich die Situation zuspitzt. Um das Theaterstück zu sehen, mussten die Zuschauer*innen mit dem Schwabinggrad Ballett und Arrivati eine Demonstration durch Kreuzberg machen.
Als utopische Agitproptruppe, halb Ballett, halb a/synchrone Militäreinheit, bespielten die Hamburger Künstleraktivist*innen des Schwabinggrad Ballett und Mitglieder von Lampedusa-Bewegung sowie People-of-Colour-Künstler*innen und -Aktivist*innen bereits 2015 mit der Performance «Chöre der Kommenden» die Plätze vor der Flüchtlingsunterkunft Schnackenburgallee in Hamburg und vor der per Gerichtsbeschluss stillgelegten Baustelle der Flüchtlingsunterkunft an den Sophienterassen in Harvestehude.