Šempas Kommune und Monte Verità: Ein Vergleich
Die Idee zu diesem Projekt entstand aus der visuellen Assoziation von Fotos, die Bojan Brecelj 1977 von der Šempas-Gemeinschaft in Slowenien aufgenommen hatte mit dem Monte Verità. Als ich mir diese Fotos zum ersten Mal ansah, musste ich sofort an die Kolonie Monte Verità denken, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Hügel über Ascona gegründet worden war.
In den folgenden Abschnitten, ausgehend von der Gemeinschaft in Šempas, werde ich die beiden Gemeinschaften vorstellen. Da das Projekt aus einer visuellen Assoziation heraus entstanden ist, orientiere ich mich in der Analyse an den Bildern, die das Leben der beiden Gemeinschaften dokumentieren.
Um schliesslich zu verstehen, ob es tatsächlich Ähnlichkeiten zwischen den beiden Gemeinschaften gibt, werden aus dem Vergleich der beiden Gemeinschaften Schlussfolgerungen gezogen.
Die Landschaft
Prinzipien und Ernährung
Häuser und Hütten
Rückkehr zur Natur
Körper und spirituelle Entwicklung
Meditation und Tanz
Die Beziehung zur Natur
Die Kunst in der Gemeinschaft
Obwohl die beiden Gemeinschaften, Šempas und Monte Verità, zu unterschiedlichen Zeiten, an unterschiedlichen Orten und unter unterschiedlichen Umständen entstanden sind, kann man die Verwandtschaft bestimmter Konzepte nicht leugnen.
Für beide Kolonien ist die Beziehung zur Natur ein zentrales und grundlegendes Element. Die Entfremdung von der Gesellschaft und die Rückkehr zu einem einfachen Leben sind die Hauptmerkmale. Beide Gemeinschaften bauen ihre eigenen Nahrungsmittel an und bauen, von Grund auf oder teilweise, ihre eigenen Häuser.
In mancher Hinsicht ist die Gemeinschaft auf dem Monte Verità eine weniger extreme Form, vor allem nach der ersten Phase, in der die Kommerzialisierung des Sanatoriums erfolgt.
Ein weiterer gemeinsamer Punkt ist die Bedeutung der Arbeit an sich selbst. Für die Gemeinschaft in Šempas war die Arbeit an der individuellen Autonomie wichtig, während für die Gemeinschaft in Monte Verità der Körper eine zentrale Rolle spielte. Mit der Bedeutung des Körpers setzte sich auch die Kunst des Tanzes auf dem Monte Verità durch.
Es ist jedoch auch wichtig, den Unterschied in den Fotos selbst zu beachten. Die Fotografien der Šempas-Gemeinschaft sind Teil einer Serie von Aufnahmen, die Bojan Brecelj 1977 von der Kolonie gemacht hat. Sie wirken oft dynamisch, als wären sie in einem unerwarteten Moment aufgenommen worden, die Porträtierten sind dabei oft in Bewegung.
Im Übrigen wurden einige dieser Fotografien auf der Biennale von Venedig 1978 zusammen mit Bleistiftzeichnungen, Tuschezeichnungen und Skulpturen ausgestellt.[37]
Was die Fotografien des Monte Verità in dieser Untersuchung betrifft, so stammen sie aus verschiedenen Quellen, und der Fotograf ist oft unbekannt. Im Vergleich zu denen von Bojan Brecelj finden wir oft viel ästhetischere Fotografien. Die Sujets sind klar, übersichtlich, die Komposition scheint sorgfältig durchdacht zu sein. Ein Beispiel ist die Fotografie, die Rudolf von Labans Tanzschule zeigt, auf der jede Person einen klar definierten Raum im Bild zu haben scheint.
Darüber hinaus ist der Unterschied im Verhältnis der Gemeinschaft zur Kunst bemerkenswert.
Die Gemeinde in Šempas ist aus einem künstlerischen Kontext heraus entstanden. Ihre Mitglieder stammen aus der slowenischen Kunstgruppe OHO, während die Gemeinschaft selbst als biologischer Bauernhof, als spirituelles Zentrum, aber auch als Kunstgruppe dient. Wenn auch die Gemeinschaft in Šempas zunächst eine Abkehr von der institutionellen Kunst darstellt.
Was den Monte Verità anbelangt, so hat die Kolonie in einer ersten Phase nur indirekten Kontakt zur Kunst. Später wurde sie jedoch zu einem Anziehungspunkt für verschiedene Künstler und Intellektuelle.
Daraus lässt sich schliessen, dass, obwohl die beiden Kolonien aus unterschiedlichen Hintergründen entstanden sind, die Gemeinschaft in Šempas tatsächlich Ähnlichkeiten mit der des Monte Verità aufweist. Die visuelle Assoziation als Ausgangspunkt meines Projekts ist daher nicht nur abstrakt, sondern wird durch schriftliche Quellen unterstützt.
Literaturverzeichnis:
Folini 1998: Mara Folini, Il Monte Verità di Ascona, SSAS Locarno 1998.
Fowkes 2015: Maja Fowkes, The green bloc: neo-avant-garde art and ecology under socialism, Budapest 2015.
Lessem / Abouleish / Herman/ Pogačnik 2015: Ronnie Lessem, Ibrahim Abouleish, Louis Herman und Marko Pogačnik, Integral Polity: Integrating Nature, Culture, Society and Economy, London 2015.
Medosch 2016: Armin Medosch, New Tendencies: Art at the Threshold of the Information Revolution (1961 – 1978), Massachusetts 2016.
Piciga 2016: Darja Piciga, Integral green Slovenia: towards a social knowledge and value based society and economy at the heart of Europe, hrsg. von Darja Piciga, Ronnie Lessem und Alexander Schieffer, London 2016.
Puncer 2016: Mojca Puncer, The Politics of Aesthetics of Contemporary Art in Slovenia and its Avant-Garde Sources, in: Filozofski Vestnik , Januar 2016.
https://www.researchgate.net/publication/319245412 (Abgerufen 13.04.2020)
Radulović/ Hess 2019: Nemanja Radulović und Karolina Maria Hess, Studies on Western Esotericism in Central and Eastern Europe, Szeged 2019.
Žerovc 2013: Beti Žerovc, The OHO Files: Interview with Marko Pogačnik, 2013. https://artmargins.com/the-oho-files/ (Abgerufen am 5.04.2020).
URL ASAC: http://asac.labiennale.org/it/passpres/artivisive/ava-ricerca.php?scheda=342808&nuova=1&Sidopus=342808&ret=%2Fit%2Fricerca%2Fricerca-persona.php%3Fp%3D432951%26c%3Df (Abgerufen 15.05.2020).
URL AVANTGARDEMUSEUM: https://www.avantgarde-museum.com/en/museum/collection/authorsobitelj-iz-sempasa~pe4483/ (Abgerufen 15.04.2020)
URL MONTEVERITA: https://www.monteverita.org/de/monte-verita/geschichte (Abgerufen 1.05.2020)
URL VARESENEWS: https://www.varesenews.it/2018/04/gli-anarchici-sole-balabiott-del-monte-verita/711298/ (Abgerufen 20.04.2020)
URL YUGRUPPODISEMPAS: https://www.opafondacija.org/zaum/wp-content/uploads/2018/04/1978_06_28_Gruppo_di_Shempas.pdf (Abgerufen 15.05.2020).
Abbildungsverzeichnis:
Šempas
Abb. 1-9: Bojan Brecelj, Šempas Family, 1977, Marinko Sudac Collection.
URL AVANTGARDEMUSEUM: http://www.avantgarde-museum.com/en/museum/collection/OBITELJ-IZ-SEMPASA~pe4483/#overlay (Abgerufen 29.04.2020).
Monte Verità
Abb 1 : Unbekannt, Monte Verità, um 1900, Fondazione Monte Verità.
https://de.wikipedia.org/w/index.php?curid=5985840 (Abgerufen 29.04.2020)
Abb.2: Unbekannt, Ackerbau (Josef Raphael Salomonson, “Meva”, Ehemaliger holländischer Konsul, Kassier der Kolonie) in der vegetarischen Siedlung Monte Verità, 1907, Fondazione Monte Verità. https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Monte_Verita_Ackerbau_(1907).JPG#/media/Datei:Monte_Verita_Ackerbau_(1907).JPG (Abgerufen 29.04.2020)
Abb.3: Unbekannt, Knüppelholzmöbel von Karl Gräser, Fondazione Monte Verità.
http://www.gusto-graeser.info/Wirkung/Ausstellungen/2018/2018_Szeemann_LosAngeles.html (Abgerufen 29.04.2020)
Abb.4: Unbekannt , Mary Wigman in der Nähe des Lago Maggiore während ihrer Aufenthalt auf dem Monte Verità, 1913, Fondazione Monte Verità. https://www.rocaille.it/il-monte-verita-ad-ascona/ (Abgerufen 29.04.2020)
Abb.5: Unbekannt , Heliotherapie auf dem Monte Verità, Fondazione Monte Verità. https://houseofswitzerland.org/it/swissstories/storia/monte-verita-nascita-di-un-movimento-pre-hippie-svizzera (Abgerufen 29.04.2020)
Abb.6: Rudolf von Labans Tanzgruppe am Ufer des Langensees bei Ascona, 1914, Nachlass Suzanne Perrottet. http://zeroequalstwo.net/the-utopian-history-of-monte-verita/ (Abgerufen 29.04.2020)
Abb.7: Unbekannt, Monte Verità, Ascona, Ringelreihen, um 1904, Fondazione Monte Verità.
Archiv Stiftung Monte Verità, Fonds Harald Szeemann. https://www.monteverita.org/de/monte-verita/geschichte (Abgerufen 29.04.2020)
Abb.8: Unbekannt, Gemeinschaft Monte Verità, Fondazione Monte Verità. https://www.monteverita.org/it/monte-verita/storia (Abgerufen 29.04.2020)
[1] Radulović/ Hess 2019, S.169–170.
[2] Fowkes 2015, S.102.
[3] Die aktive Teilnahme war nicht als finanzieller Beitrag gedacht.
[4] Fowkes 2015, S.102.
[5] Fowkes 2015, S.103.
[5] URL AVANTGARDEMUSEUM
[6] URL AVANTGARDEMUSEUM
[7] Folini 1998, S.4.
[8] Folini 1998, S.5.
[9] Radulović/ Hess 2019, S.169-170.
[10] Locarno: einer Stadt am Lago Maggiore wenige Kilometer von Ascona entfernt.
[11] Folini 1998, S.7–8.
[12] Lessem / Abouleish / Herman/ Pogačnik 2015.
[13] URL AVANTGARDEMUSEUM
[14] Folini 1998, S.9.
[15] Fowkes 2015, S.103.
[16] Folini 1998, S.16
[17] Folini 1998, S.16
[18] Radulović/ Hess 2019, S.169-170.
[19] Fowkes 2015, S.103.
[20] Fowkes 2015, S.105.
[21] Folini 1998, S.9-10.
[22] Radulović/ Hess 2019, S.169-170.
[23] URL VARESENEWS
[24] Lessem / Abouleish / Herman/ Pogačnik 2015.
[25] Folini 1998, S.25
[26] Lessem / Abouleish / Herman/ Pogačnik 2015.
[27] Medosch 2016, S.215.
[28] Folini 1998, S.25–26.
[29] Folini 1998, S.26
[30] Fowkes 2015, S.108.
[31] URL MONTEVERITA
[32] Fowkes 2015, S.106–107.
[33] URL AVANTGARDEMUSEUM
[34] Žerovc 2013.
[35] Folini 1998, S.37–38.
[36] URL YUGRUPPODISEMPAS
[37] URL YUGRUPPODISEMPAS