«Death Positive – States of Emergency» von Yael Ronen und Ensemble ist eines der wenigen aktuellen Stücke, das die Corona-Pandemie nicht nur mit Masken und Desinfektionsmittel zitiert, sondern auf der Bühne des Berliner Maxim Gorki Theaters zum tatsächlichen Mittelpunkt der Aufführung macht – und gleichzeitig weit darüber hinausgeht. Künstlerische Freiheit sowie das Potenzial des Theaters, Grenzen zu überschreiten, enden in dieser Inszenierung dort, wo die Corona-Regeln beginnen. Mit höchstem Pedantismus werden Katzenpfoten desinfiziert, Corona-Verordnungen rezitiert und persönliche Bereiche mit Absperrband abgesperrt – und doch kommen in den knapp 70 Minuten Aufführung Themen auf, die von der Gesellschaft lange unterdrückt, in der Krise aber so virulent zutage gefördert wurden: Wut, Isolation, Zweifel, Ängste und der Umgang mit dem Tod. In der Auseinandersetzung damit wird der Theaterabend – mal komisch, mal tragisch, aber meist zutiefst emotional – zu einem vielstimmigen Ganzen, das sich sowohl aus verschwörungstheoretischen Parolen wie auch aus biographischen Erlebnissen und Erfahrungen der einzelnen Ensemble-Mitglieder speist. Welche Rolle kommt dem Theater in einer Zeit zu, in der Abstand und Aerosole die Inszenierungsumsetzung bestimmen? Inwiefern kann Theater die disparate Erfahrung zwischen Gehorsam und Kritik aufgreifen, die momentan die Gesellschaft spaltet? Wo steht Theater zwischen persönlicher Erfahrung und der Verkörperung der Perspektive Anderer? Über diese Fragen und die Verbindung von pandemischen und postdramatischen Theaterformen, deren Widerspruch und Potenzial haben wir im Rahmen des Webinars «Theater und Communitas» diskutiert.
Das Webinar Theater und Communitas wurde im Rahmen des SNF-Forschungsprojektes Krise und Communitas organisiert und am 29. April 2021 um 16 Uhr durchgeführt.